Irgendjemand hat mal gesagt: 'Was eine Stadt ausmacht, sind nicht die Häuser, sondern die Lücken dazwischen, denn dort tobt das Leben!".
Deshalb haben ich mich bei meinem Stadtspaziergang gestern einmal den Lücken gewidmet, die sich in Form von Straßen und Gehwegen durch die ganze Stadt ziehen. Besondere Aufmerksamkeit schenkte ich dabei diesen alten Gehwegplatten aus Granit, über die ich schon als Kind gelaufen bin.
Aber diese Platten aus schlesischem Granit sind natürlich viel älter. Gegen 1825 ließ die Weinstube Lutter & Wegner am Gendarmenmarkt für ihre Kundschaft den Gehsteig vor ihrer Tür mit Granitplatten, den ersten Schweinebäuchen befestigen.
König Friedrich Wilhelm III. war von dieser Idee so begeistert, dass er 1828 per Kabinettsorder die Hauseigentümer der belebtesten Straßen verpflichtete, die Gehwege zu befestigen. Da nicht alle das Geld dafür hatten, wurde eine Hundesteuer eingeführt. Das trug nicht nur zur Sauberkeit der Stadt bei, sondern die Hauseigentümer konnten nun Zuschüsse beantragen, die von diesen Einnahmen bezahlt wurden.
Warum die Granitplatten Schweinebäuche genannt wurden und werden,
erklärt sich, wenn man die unverlegten Platten sieht: Die Oberfläche ist
eben, doch die Unterseite hängt dick gewölbt und grob behauen wie die
Wampe eines Schweins herunter. Diese Unterseite der Platte
hat neben ihrem Eigengewicht einen entscheidenden Vorteil: Einmal im Sand
verlegt, bleibt sie ohne jede Befestigung liegen. So ein Schweinebauch
hat bestimmte Maße: Er ist standardmäßig einen Meter breit, jedoch
unterschiedlich lang.
Zwei Längsfugen sollen nicht aneinander stoßen, wenn die Platten zwei-
oder dreibändig liegen – sie werden versetzt verlegt. Eine Spezialität
sind die „Charlottenburger“: Die wohlhabende, im 19. Jahrhundert noch
nicht nach Berlin eingemeindete Stadt Charlottenburg verwendete für ihre
Bürgersteige besonders große Platten, mit zwei Metern Breite doppelt so
groß wie die normalen Schweinebäuche. Solche Steine liegen zum Beispiel
auf der Hardenbergstraße.
Mir gefällt dein heutiger Blickwinkel sehr, auch der einleitende Text ist sehr spannend. Besonders "Da nicht alle das Geld dafür hatten, wurde eine Hundesteuer eingeführt". Denn gerade liegt die entsprechende Rechnung auf meinem Schreibtisch.
AntwortenLöschenDir weiter so gelungene perspektiven wünschen Erika mit Ayka
Dieser Begriff ist mir völlig neu. Aber interessanter Hintergrund.
AntwortenLöschenLiebe Grüße zu dir Jutta.
Nati
Der Begriff ist jetzt für mich auch logisch, ich dachte schon ähh was hat das auf sich!
AntwortenLöschenTolle Fotos davon!!!
Lieben Gruss Elke
Zwei- oder dreibändig, ja, das ist dann besser in einer Art Mauerverband, das leuchtet einem ein. Jedenfalls sehr interessant, den Namen dafür hätte ich auch nicht gewußt. Mir gefällt der Post sehr gut! 👍🏻😍 Ich selbst habe schon unterschiedlich starkes Kopfsteinpflaster verlegt in unserem Freisitz ganz früher, ich weiß wie wichtig das richtige Einbauen und Zusammenspiel der unterschiedlich großen Teile ist. Natürlich aber ist das kein echter Vergleich zu diesen Oschis von Schweinebauch! 😬💪🏻
AntwortenLöschenLiebgruß
Tiger
🐯
Schweinebauch im Zusammenspiel von Pflastrerbelag, da hätte ich mir nichts drunter vorstellen können. Deine ausführliche Beschreibung hat Klarheit geschaffen. Gehsteige gab es schon im alten Pompeji, entlang der Häuser gab es einen Steinbelag, bei einem Besuch dort haben wir nur staunen können.
AntwortenLöschenLiebe Grüße
Edith
da hast du sehr interessante Details "ausgegraben"
AntwortenLöschendie Platten sind sicher sehr robust denn sie liegen ja immer noch
und werden auch noch viele Jahre aushalten
LG
Rosi
Liebe Jutta,
AntwortenLöschendanke für die Erläuterungen zu den sehr gelungenen Fotos. Man könnte sie auf den ersten Blick für Schwarz-Weiß-Fotos halten, wenn da nicht bei zweien dieses kleine gelbe Etwas am Rand wäre. Den Begriff Schweinebäuche kannte ich bisher für diese Platten noch nicht. Ich kenne nur Katzenköpfe. Aber auf den Schweinbäuchen dürfte es sich erheblich besser laufen und fahren lassen. Das mit der Hundesteuer und den Zuschüssen war sehr modern gedacht, einfach genial.
Herzliche Grüße und ein schönes Wochenende
Elke
Lach, unter der Überschrift hatte ich mir was anderes vorgestellt. Wieder mal was gelernt.
AntwortenLöschenHallo liebe Jutta,
AntwortenLöschenaha also von Euch kommt die Hundesteuer ;-) das es sie schon so lange gibt hätte ich nicht vermutet. Dachte das wäre eine Steuer der neueren Zeit.
Schweinebäuche davon habe ich noch nie gehört - ich dachte erst weil sie so glänzen können wie eine Speckschwarte. Danke für die Erläuterung.
LIebe Grüße
Kirsi
Hallo liebe Jutta,
AntwortenLöschendeinen Post über die Schweinebäuche habe ich mit großem Interesse gelesen. Im 19. Jahrhundert war bei der Verlegung noch richtig Men-Power nötig um die schweren und auch großen Platten zu verlegen. Kein Wunder wenn die Leute damals nicht so alt wurden.
Dein Bildmaterial gefällt mir auch sehr gut. Man sollte öfter auch mal nach unten schauen und knipsen.
Frühlingshafte Wochenendgrüße
Arti